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                    Hrsg. und gestaltet 
                    von Jens-F. Dwars. 
                    Umschlag und Frontispiz mit Holzschnitten von Martin Max. 
                    40 Seiten, handgeheftet in Pappband, farbiger Schutzumschlag 
                    Einmalige Auflage in 333 num. Exemplaren. 
                    Nr. 1-33 liegt je eine Holzschnitt von Martin Max bei.  
                    Diese Vorzugsausgabe ist zu EUR 29,90  
                    bei Martin 
                    Max erhältlich. 
                     
                     
                    ISBN 978-3-943768-14-5 
                     
                    EUR 12,90 EUR 
                   Zu bestellen 
                    beim Herausgeber. 
                     
                   
                  Der Versuch einer 
                    Selbstverständigung in 18 Erinnerungsfragmenten und einem 
                    lyrischen Epilog. 
                  Christine Hansmann wurde 1961 
                    in einer traditionsreichen Musikerfamilie in Erfurt geboren, 
                    frühzeitig Unterricht in Klavier, Ballett und Gesang. 
                    Nach Abitur Tätigkeit als Krankenschwester und Musikalienverkäuferin, 
                    1983-89 Gesangsstudium in Leipzig, seit 1989 Opernsängerin 
                    am Deutschen Nationaltheater Weimar. 
                    Preise bei Gesangswettbewerben in Deutschland und Tschechien, 
                    zahlreiche Konzertreisen, u.a. nach Japan, New York, Paris, 
                    Israel, Niederlande. 
                    Gastspiele u.a. an den Opernhäusern Leipzig, Dresden, 
                    Zürich, Salzburger Festspiele 1991, in Litauen, Tschechien 
                    und Dänemark. 
                    Seit 2002 Lesungen mit eigenen Texten.  
                     
                    Weitere Informationen unter: www.christine-hansmann.de. 
                   
                   
                  
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                    Leseprobe 
                  Es gab den Garten. Er war üppig, 
                    denn so zeigt ihn meine Erinnerung, auf jeden Fall aber groß, 
                    was sich noch heute ohne Mühe beweisen läßt. 
                    Auf der weiten Fläche vor dem Haus durfte mit Ausnahme 
                    eines kleinen, grasbewachsenen Platzes, wo eine Hängematte 
                    zwischen zwei Apfelbäumen schaukelte, nicht gespielt 
                    werden. Es reizte uns natürlich, das Gebot hin und wieder 
                    zu übertreten und den ganzen vorderen Bereich, in dem 
                    Phlox, Cosmea und Kokardenblume in der sommerlichen Hitze 
                    durcheinanderwogten, zu durchstreifen. Aber die Gefahr, entdeckt 
                    zu werden und der unweigerlich folgenden Schimpfkanonade der 
                    Nachbarin ausgeliefert zu sein, war so groß, daß 
                    wir der Versuchung nur selten nachgaben. 
                    Am Haus entlang zog sich rechterhand ein schmaler Weg nach 
                    hinten, der, über eine Steintreppe erreichbar, eine Mannshöhe 
                    tiefer lag und von einer mit Feldsteinen belegten Böschung 
                    begrenzt wurde. Er mündete in eine obstbaumbestandene 
                    Wiese, auf der die Nachbarkinder manchmal im Schutz der Hauswand 
                    ein kleines Zelt aufbauten, ihr winziges Heiligtum, nur auf 
                    Strümpfen und mit besonderer Erlaubnis zu betreten. 
                    Den hölzernen Gartenzaun, der das Grundstück umgab, 
                    durchbrach dort, wo die bebaute Anhöhe sich wieder talwärts 
                    zu neigen begann, eine verschlossene Pforte. Sie führte 
                    in ein angrenzendes Waldstück, das nahtlos in die öffentliche 
                    Parkanlage des Kartausgartens überging. 
                    Es gab den Garten. 
                    Und es gab eine Nacht, eine einzige, die so fühlbar geblieben 
                    ist, als ob nicht mehr als ein halbes Leben zwischen mir und 
                    dem pausbäckigen, scheinbar stämmigen Kleinkind 
                    läge, das ich gewesen sein soll, wenn ich den wenigen 
                    Bildern aus dieser Zeit Glauben schenke. 
                    Aus welchem Grund uns mein Vater damals weckte und durch die 
                    Gartentür in den dämmrigen Park führte, kann 
                    ich nicht sagen. Jedenfalls sehe ich mich barfuß, im 
                    Nachthemd, auf dem vom Abendtau schon feuchten Rasen stehen, 
                    zitternd, mit aufgerissenen Augen, vollkommen gebannt. 
                    Der Wald war schwarz und schwieg. Er schien mir undurchdringlich, 
                    obwohl dort nur einige Reihen Tannenbäume gestanden haben 
                    können, ehe die Parklandschaft begann. 
                    Die Dunkelheit senkte sich herab, ein warmes, samtweiches 
                    Tuch, mit Händen greifbar. 
                    Vereinzelt waren Vogelstimmen zu hören, träumend, 
                    in Schlaf gehüllt. 
                    Aus den Wiesen stieg weißer Nebel. Er blieb zwischen 
                    den Büschen und dem Unterholz hängen, verwischte 
                    die letzten, noch erkennbaren Konturen und tauchte die Szenerie 
                    vollends ins Unwirkliche. Eine Welle aus Furcht und Seligkeit 
                    hob mich empor und spülte mich in einen Taumel hinein, 
                    dem ich mich ohne nachzudenken hingab. 
                    Ein Faun, ein Irrwisch. 
                    Paradieseslust. Vorgeschmack auf künftige Wonnen. Ob 
                    irdische oder himmlische, muß ich dahingestellt sein 
                    lassen. 
                    Mehr ist es nicht gewesen. Ein nächtlicher Garten, mondlichthell. 
                    Ein tanzendes Kind. 
                    Später, vielleicht gegen Mitternacht, wurde es kühl. 
                     
                     
                   
                  Die Presse urteilt: 
                     
                    Sie liegen einfach gut in der Hand, die Bücher der neue 
                    Reihe „quartus-Miniaturen“, fadengeheftet und 
                    sorgsam gestaltet, in einer Auflage von jeweils 333 Exemplaren. 
                    Und man kann nur wünschen, dass diese Reihe in E-Book-Zeiten 
                    noch manche Fortsetzung erfährt. Nichts gegen das praktische, 
                    Wälder bewahrende E-Book. Doch man lese von Fühmann 
                    Pavlos Papierbuch, wo der Held im fernen Jahr 3436 voller 
                    Staunen eines der seltenen, auch weil verbotenen Papierbücher 
                    in der Hand hält „wie einen Leib“, wie ein 
                    lebendiges Wesen, ein Ding „sinnlicher Selbstoffen-barung“. 
                    Freilich, zu einem solchen herausgeberischen Vorhaben müssen 
                    die Inhalte passen, und das ist der Fall. 
                    Schon Christine Hansmanns Titel Dunkelkammer und 
                    eine damit gegebene existenzielle Situation sagt etwas über 
                    das poetische Programm. „Es gab Stille, und es gab die 
                    Dunkelheit. Und es gab dieses Zimmer mit den zugezogenen Vorhängen, 
                    das mir vertraut gewesen war und nun in Stummheit versank.“ 
                    Freilich diese „stille Kammer“, „nicht dem 
                    Bann des Tages verfallen“, mag auch an das Fotolabor 
                    erinnern, in dem sich unter besonderer Beleuchtung Bilder 
                    entwickeln. Aber es ist eben auch keine „stille Kammer, 
                    wo ihr des Tages Jammer verschlafen und vergessen sollt“, 
                    wie es im Abendlied von Eduard Claudius heißt, das in 
                    den Texten immer einmal aufklingt. Nein, der Jammer wird nicht 
                    verdrängt. Christine Hansmann gibt in den sechzehn Stücken 
                    keine Erzählungen, man mag eher an Traumsequenzen denken, 
                    an ein „Leben hinter dem Leben“, in dem sich die 
                    äußere Welt, das alltägliche Leben in Bildern 
                    bricht. Der Reiz besteht darin, wie Christine Hansmann das 
                    Reale in dem Phantastischen aufhebt. Und damit kommen existenzielle 
                    Situationen auf ganz eigene Weise ins Bild. Die Ängste 
                    und Albträume, „jene Einbrüche des Schreckens“, 
                    die Sehnsucht nach Liebe, die Schmerzen einer Trennung, die 
                    Ängste vor Sprachlosigkeit. Da gibt es Erinnerungen an 
                    Kindheit und Jugend, da kommt Historisches und Politisches 
                    ganz unaufdringlich zur Sprache, wenn da an ein „Schweigen 
                    im Raum“ erinnert wird. Natürlich ist der Grund 
                    dieser lyrischen Prosa die Erinnerung, oft an Kindheit und 
                    Jugend. Aber sie wird nicht zeitlichen Abläufen unterworfen 
                    und geht schon gar nicht darin auf, etwa Einsichten in einem 
                    Entwicklungsprozess zu formulieren. Wohl aber kommen die Konflikte 
                    zwischen Welt- und Ich-Zuständen zur Sprache, manchmal 
                    einem kommentierenden Gestus mehr als einer lyrischen Verdichtung 
                    vertrauend. „Es ist seltsam, daß geschieht, was 
                    geschieht und trotzdem persönliches Leben möglich 
                    ist.“ In den besten Stücken buchstabieren sich 
                    vor dem inneren Auge die Erinnerungsbilder und der erzählende 
                    Gestus geht nun wirklich in eine lyrische Prosa über. 
                    In dieser Hinsicht ist der fünfte und neunte Abschnitt 
                    besonders gut gelungen. Was die Texte sympathisch macht, ist, 
                    dass sich Christine Hansmann nicht scheut, ihre Konflikte 
                    und Fragen zur Sprache zu bringen und damit zugleich dem Ganzen 
                    eine Offenheit zu geben, die den Leser auffordert das Seine 
                    hinzu zu tun. 
                     
                    Martin Straub, in: Palmbaum, Heft  2/2013 
                     
                     
                     
                     
                     
                     
                     
                  
                     
                   
                     
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